Nach dem schweren Erdbeben in Japan und dem damit verbundenen Unglück in den Atomkraftanlagen dort, ist auch hier die Atomdebatte zu Recht wieder entfacht. Atomstrom, so das Doktrin der 1950er Jahre, sei die Zukunft. Und sicher.
Dass sie so sicher nicht ist zeigen zahlreiche kleine und große Störfälle (allein in Europa) und Unfälle in nuklearen Anlagen weltweit, inklusive der dramatischen Ergebnisse dieser in Tschernobyl und Fukushima. Ich bin niemand, der sich übertrieben viele Gedanken zur Klimabilanz seines Lebens macht, auch wenn ich natürlich durchaus daran denke, in welcher Umwelt meine drei Kinder aufwachsen. Wir spielen derzeit wild mit Ressourcen (Öl, Gas, ..) und mit Technologien, die wir eigentlich nicht beherrschen können im Moment (Atomstrom ist nur das aktuellste Beispiel).
Die Gedanken um Atomstrom und die Drohung von RWE die Strompreise bei der Abschaltung der Atomkraftwerke erhöhen zu müssen, hat mich dann einmal dazu gebracht nach Alternativen für unseren Stromanbieter (RWE-Tochter envia) zu schauen. Bei diesem sind wir nach dem Einzug ins neue Haus automatisch gelandet, ein Antrag beim EW Schönau wurde nie beantwortet und die Faulheit obsiegte.
Meine treibende Frage war nun: Beim Abschalten der Atomenergie-Anlagen muss natürlich weiter investiert werden, doch Ökostrom-Anbieter investieren doch die ganze Zeit schon in alternative Energie-Systeme? Wie teuer müssen die dann sein?
Natürlich entstehen den Atomkraftwerkbetreibern bei der Abschaltung doppelte Kosten: Sie müssen in erneuerbare Energien investieren und ’nebenbei‘ die alten Atommeiler abbauen. Mindestens fünf Jahre brauchen die Brennstäbe nach dem sogenannten „Abschalten“ der Werke zum runterkühlen. Vom Abschalten bis zum Rückbau können einfach auch schon, wie beim ersten in Europa ‚rückgebauten‘ Reaktor in Niederaichbach, 21 Jahre und 143 Millionen Euro ‚vergehen‘. Vom Datum, an dem das radioaktiv kontaminierte Material nicht mehr strahlt, werden wir nicht mehr viel mitbekommen.
Lange Vorrede, kurze Übersicht: Ich habe einmal geschaut, wie die Preise pro Kilowattstunde bei den größten deutschen Anbietern und Ökostrom-Anbietern sind. Alle Preise wurden für einen privaten Haushalt mit der PLZ 06184 bei einem Verbrauch von 4.200 kWh/Jahr berechnet (4 Personenhaushalt mit Heimbüro). Die Grundpreise liegen bei allen Anbietern im Bereich 7,50 Euro bis maximal 9,00 Euro – ergeben somit eine maximale Differenz von 18 Euro im Jahr; Stromio erhebt 17 Euro Grundpreis pro Monat, Strommixer 4,50 Euro/Monat Gründgebühr, dadurch verfälscht der Jahres- und kWh-Preis etwas mehr.
Anbieter | Cent/kWh | EUR/Jahr Verbrauch |
Naturstrom AG* | 21,25 | 892,50 |
naturwatt.de | 21,75 | 913,50 |
naturenergieplus.de | 23,38 | 981,96 |
LichtBlick | 23,64 | 992,88 |
Elektrizitätswerke Schönau* | 23,90 | 1.003,80 |
Greenpeace Energy* | 24,80 | 1.041,60 |
Strommixer | 25,79 | 1.083,18 |
stromio.de basic | 21,88 | 918,96 |
stromio.de green | 25,12 | 1.055,04 |
(RWE) envia regio | 26,06 | 1.094,52 |
(e.on) e wie einfach | 27,02 | 1.134,84 |
(e.on) e wie einfach Natur | 27,23 | 1.143,66 |
yellowstrom | 27,77 | 1.166,34 |
Die mit * gekennzeichneten Anbieter werden von Robin Wood als „echte“ Ökostrom-Anbieter empfohlen, die Gefahr beim Thema Ökostrom ist der Handel mit RECS-Zertifikaten; Stand der Liste: 20.03.2011; Eigenrecherche.
Beim direkten Vergleich zwischen meinem derzeitigen Anbieter envia und dem günstigsten Ökostrom-Anbieter ergeben sich ohne monatliche Grundgebühr 202,02 Euro Ersparnis im Jahr, mit monatlicher Gründgebühr (6,66 EUR bei envia, 7,95 EUR bei Naturstrom AG) noch immer 186,62 Euro – die ich bei Naturstrom jährlich spare.
.. nun, wer jetzt noch argumentiert, er wechsele wegen der erheblichen Preisunterschiede nicht zum Ökostrom, dem kann auch nicht mehr geholfen werden. Anträge gibt es bei den Anbietern online.
Natürlich kommt beim Wechsel zum Ökostrom-Anbieter nicht grüner Strom aus den eigenen Leitung, im Gegenteil: Man bezieht den gleichen Strom wie bisher auch. Anders als beim tobenden Spritkampf zwischen E5 und E10 ergibt sich kein Leistungsunterschied, wenn man grüner „zapft“. Anders als beim Benzin jedoch, verbessert sich durch Ökostrom durchaus die Ökobilanz. Wie der freie Strommarkt genau funktioniert, steht hier nachzulesen.
.. und jetzt: Aktiv werden, wechseln! Und das sage ich ganz ohne angesteckten „Atomkraft nein Danke“-Button, ohne pflanzengefärbten Schafwoll-Pullover an, und ohne Hanfschuhe im Schuhregal .. 😉
Bitte: Wenn Ihr Ergänzungen, Korrekturen oder Kritik zum Artikel habt, lasst es mich wissen .. das Thema ist komplex und ich bin kein Kenner, sondern Konsument. Der Artikel oben spiegelt meinen Wissensstand wieder, den ich mir als Stromkunde durch ein paar Stunden Recherche aneignen konnte.
Guter Post! Wie ist es den in Deutschland mit Gebuehren, die an den lokalen/ regionalen Stromanbieter abgegeben werden muessen, dafuer das der Ökostrom „geliefert“ wird? Hier in Finnland bezahle ich ausser fuer meinen guenstigeren Ökostrom nämlich auch noch eine Gebuehr dafuer, das der (Öko) Strom das Netzwerk des lokalen Stromlieferanten benutzen darf – obwohl, wie in Deutschland, natuerlich nie Ökostrom aus der Leitung kommt.
Naja nun wird eh alles teurer ist doch klar. Wenn man die Atomkraft abschaltet dann wirds teuer. http://www.billig-im-onlineshop-kaufen.de/fragen/
Ein sehr guter Artikel, vielen Dank dafür!
Klar ist für mich aber auch: Wer zu einem Ökostromanbieter wechseln möchte, der sollte nicht nur den Strompreis im Auge behalten – denn obwohl Ökostrom teilweise günstiger ist als bei Anbietern, die ausschließlich „grauen“ Strom oder zumindest einen Strom-Mix aus „grauem“ und „grünem“ Strom anbieten, so ist das entsprechende Ökostrom-Siegel von enormer Wichtigkeit.
„Ökostrom“, sollte man wissen, ist kein geschützter Begriff. Der Bezug von Ökostrom macht nur dann Sinn, wenn der Mehrpreis für Ökostrom auch (partiell) in neue Ökostrom-Anlagen (v.a. in Windkraft und Solar) reinvestiert wird. Nur dann verschiebt sich sukzessive das Verhältnis von herkömmlichen und regenerativen Energien.
Verivox hat einen guten Ratgeber zu den verschiedenen Ökostrom-Siegeln erstellt, siehe http://www.verivox.de/ratgeber/oekostrom-27748.aspx.
Erst mit dem richtigen Ökostrom-Gütesiegel wird der Ausstieg aus der Kernkraft forciert!
Hallo,
sehr schöner Artikel!
Zu: „Beim Abschalten der Atomenergie-Anlagen muss natürlich weiter investiert werden, doch Ökostrom-Anbieter investieren doch die ganze Zeit schon in alternative Energie-Systeme? “
Genau das ist der entscheidende Punkt. Es gibt Ökostromanbieter, die investieren, und gibt sehr viele Ökostromanbieter, die Nicht investieren. Bei seiner Wahl sollte man natürlich einen Anbieter wählen der wirklich was für den Ausbau tut. Dies können Ökostromanbieter mit Zertifizierungen nachweisen. Es gibt aber auch Anbieter, die nicht zertifiziert sind und trotzdem investiren.
Unter http://www.oekostromanbieter.org/oekostrom-preisvergleich.html kann man den Haken für „nachaltigen Ökostrom“ setzen und bekommt nur Anbieter angezeigt, die auch wirklich investieren in neue Anlagen. Dies ist zwingend für eine erfolgreiche Energiewende nötig.