Die Digitalisierung der Gesellschaft schreitet voran, in unsere Leben ziehen nach Computern seit einiger Zeit zunehmend auch Smartphones und Tablets ein. Was in der Generation 35+ vielleicht noch nicht auf breiter Basis im Alltag angekommen ist, wird spätestens in der Generation unserer Kinder nicht mehr wegzudenken sein.
Welche Auswirkungen hat das auf den Schultag von heute?
Bisher recht wenig. Schulen sind mit den Herausforderungen des digitalisierten Alltags zumeist noch überfordert. Den Stundenplan auch im Internet vorzufinden ist schon eine Ausnahme. Weit weg sind wir noch von Hausaufgaben, die im Netz stehen. Oder Nachschlagewerken, die in einem schulischen Intranet vorbehalten werden. Vom medienpädagogischen Unterricht, der faktisch nicht vorhanden ist, will ich eigentljch überhaupt nicht anfangen. Das Fach Medienkompetenz gehört im Jahre 2012 auf die Lehrpläne der Schulen, ab Jahrgangsstufe 4. Ebenso wie das Fach “Lernen lernen”, welches unser Sohn in der kommenden Jahrgangsstufe 5 endlich auf den Lehrplan hat. Dass Schulen hier kaum Kompetenz zur Vermittlung medienkritischer Themen haben, ist sicherlich ebenso ein Punkt für das Fehlen dieses Themengebiets wie die Langsamkeit politischer Entscheidung und das föderalisierte Schulsystem in Deutschland.
Dass das Digitale im normalen Schulalltag fehlt, birgt indes nicht nur Schlechtes.
Für Kinder gehört das Analoge zum Entwicklungsprozess. Aus diesem Grund sollten Kinder auch weiterhin das Arbeiten mit gedruckten Büchern lernen, sich mit Papier auseinander setzen, dass im Gegensatz zum stoß- und kratzfesten Handy pfleglich behandelt werden muss, und eine eigene Handschrift entwickeln.
Ich habe vor einigen Tagen mit einigen kinderlosen Menschen (wie das klingt!) gesprochen, die der Ansicht waren, das 10-Finger-System sollte Kindern eher beigebracht werden, als eine ordentliche Handschrift. Ich halte das für fahrlässig. Lernen, sowohl im Bereich des Wissens, als auch im Bereich der Ordnung und Fürsorge für Dinge, sind zu einem großen Teil analoge Dinge. Auf Dinge wie Rechtschreibung achten ist bei handschriftlichen Aufzeichnungen wesentlich höherer Aufwand und erfordert mehr Konzentration. Etwas wie Rechtschreibung allein am Computer zu lernen halte ich für wesentlich schwieriger. Ebenso ist das Ausbilden einer eigenen Handschrift für Menschen ein wesentlicher Teil der Persönlichkeitsbildung. Darauf kann und darf eine Schulbildung nicht verzichten. Was für einen Eindruck haben wir von Menschen, die uns ein Memo mit wackeliger Handschrift reichen, die dem Schriftbild eines Drittklässlers entspricht? Die Handschrift hat als Mittel der Kommunikation in den letzten 20 Jahren sicherlich rapide an Boden verloren, überall haben maschinell verfasste Briefe, digitale Postkarten und dergleichen Einzug gehalten. Handschrift gilt als etwas elitäres, zuweilen mittlerweile intimes. Und der Grad dieser Bedeutung wird zunehmen. Umso wichtiger ist es, Handschrift als einen Teil seiner Persönlichkeit zu verstehen und zu fördern.
Dem Digitalen können wir nicht entkommen, sollten wie auch nicht. Für Schulen stellt das neue Digitale eine unheimliche Herausforderung dar – insbesondere der Generationen, die heute in die Schule kommen, und die schon in der ersten Klasse mehr Ahnung von Computern, Handys und dem Internet haben als ihre Lehrer. Trotzdem muss das zuweilen antiquariert wirkende Analoge seinen Platz im Bildungsapparat behalten. Nicht etwa, weil es bei Mama und Papa auch so war – im Gegensatz zu meinem Vater habe ich auch nicht mehr auf Schiefertafeln sondern in Papierhefte geschrieben. Aber ich halte Schreiben-Lernen und in Duden blättern für ebenso notwendig wie ein Fach Medienkompetenz. Schule muss ihre Rolle als Mittler zwischen den beiden Welten verstehen. Im Fach Hauswirtschaft würde auch niemand verlangen, dass die Schüler künftig nur noch Café World spielen, statt zu den realen Töpfen zu greifen …
1.) Medienkompetenz sind Dinge, die ich in den Fächern Deutsch und Ethik ansiedle, einerseits weil sich das primäre Medium der Kinder der deutschen Sprache bedient, andererseits weil die Kompetenz zur Reflexion grundlegend auch eine philosophische ist. Zumindest ich mache das so.
2.) Das Erlernen eines 10-Finger-Systems ist eine Kompetenz wie bspw. Kochen, Staplerfahren, MAG-Schweißen oder CMS-Programmierung, also sehr stark an ein bestimmtes Tätigkeitsumfeld gekoppelt. Daher ist der Erwerb dieser Kompetenz eine klare Sache für die Berufsausbildung, oder weshalb sollte ein angehender Gärtner 5000 Anschläge pro Minute schaffen?
3.) Das Schreibenkönnen mit Stift, auf Papier, ist eine demokratische Angelegenheit. Sicher, die Kinder kommen mit einem technischen Verständnis in die Schule, dass denen mancher Lehrer punktuell um Längen überlegen sein mag. Aber: Wer *besitzt* denn alles einen Computer? Und des Weiteren: Wer *besitzt* Stift und Papier? Die Antworten lauten „Die wenigsten“ und „Alle“. Man sollte nicht den Fehler machen und die eigene digitale Ausstattung beim Rest der Gesellschaft als selbstverständlich voraussetzen – ich habe Kinder erlebt, die im Winter mit Sandalen in der Schule erschienen sind. Und das in einem der reichsten Länder der Welt.
Deswegen wird in den Schulen das Digitale als Kompetenz nicht so sehr in den Vordergrund gerückt, wie sich dass die Netzbürger wünschen. Es ist eine Inselbegabung, die ein systematisch viel schwierigeres, wenn auch von der Ausstattung her simpleres Konzept benötigt: Das Handwerk des Lesens und Schreibens.
Im Prinzip Zustimmung: Das analoge Lernen ist die Grundform des Lernens, wie es das Hirn vollzieht.
Aber: Hier werden Probleme aufgemacht, die in der Praxis nicht vorhanden sind.
Vielleicht gibt es Blogs, die ein rein digitales Lernen favorisieren, aber eigentlich ist mir die Position, wie sie in diesem Artikel hier angenommen wird, noch nie in dieser Ausschließlichkeit begegnet. So steht zum Beispiel in den neuen Bildungsstandards Hessens, dass eine für andere lesbare Handschrift zu den verbindlichen Standards gehört. Dass man mit zehn Fingern eine Tastatur bedienen können soll, ist mir noch nicht bewusst in den neuen Vorgaben begegnet und auch in diesem Blogbeitrag kann ich keine Belege für von Verfasser kritisierte Position entdecken.