„Öko-Terroristen“, wirklich?

Kennt ihr die „Earth Liberation Front“?
Die Organisation gründete sich Anfang der 90er Jahre in Großbritannien und konnte recht schnell Anhänger gewinnen. Die ELF hat keine formalen Strukturen, ist dezentral organisiert und versucht mit mehr oder weniger legalen und destruktiven Aktionen auf die Probleme von Umweltverschmutzung und Tierquälerei aufmerksam zu machen.

Die wohl größte mediale Aufmerksamkeit erhielten die Aktionen der US-amerikanischen ELF. Dort erreichten ihre Aktivitäten einen Level, der dazu führte, dass das FBI die Organisation als innländische Terroristengruppe #1 bezeichnete.
Auf das Konto der ELF in den USA gehen zwischen 1996 und 2011 mehrere Dutzend Brandanschläge, u.a. auf ein Sägewerke, eine 12 Mio-Dollar-Hotelanlage in einem Naturschutzgebiet, eine Autovermietung für SUV, … Der von der ELF verursachte Sachschaden geht in die Millionen. Todesopfer in den 15 Jahren ihres Bestehens jedoch: 0.

Die Mitglieder der ELF sind „Öko-Terroristen“. Das Ziel der in Zellen organisierten extremistischen Naturschützer war es immer Anlagen und Unternehmen, die in ihren Augen für Umweltverschmutzung und -zerstörung oder Tierquälerei verantwortlich waren, zu schaden. Die US-ELF ging in den End-Neunzigern und Anfang des neuen Jahrhunderts dabei vor allem große Ziele an, verursachte mit ihren Aktionen einen nennenswerten wirtschaftlichen Schaden.

Aufgrund der Organisationsstruktur tappten die Behörden jahrelang im Dunkel nach den Störern. Bis sie den Jackpot holten – der dazu führte, dass das FBI am 7. Dezember 2005 in einer bundesweiten Aktion 14 Mitglieder der ELF festnehmen konnten.

Darunter Daniel McGowan.
Der zum Zeitpunkt seiner Festnahme 31-jährige hatte im Mai 2001 an zwei Brandanschlägen der ELF teilgenommen, sich seit dem jedoch ruhig verhalten. Der zweite Anschlag, ausgeführt auf die Jefferson Poplar Farms in Clatskanie, Oregon hatte sich im Nachhinein als Fehler der Gruppe herausgestellt und zur Spaltung der damaligen ELF in den USA geführt. McGowan beendete seine „Terroristenkarriere“ danach.
Nach der ersten Anhörung im Januar 2006 wurde McGowan gegen eine Kaution von 1,6 Mio US-$ (die seine Schwester aufbringen konnte) frei gelassen. Anschließend verbrachte er sieben Monate unter Hausarrest, und wurde am 4. Juni 2007 zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Weil seine Taten jedoch nachträglich unter die ‚War on Terror‘-Gesetze gestellt wurden, verbringt McGowan die Zeit bis Sommer 2013 in einem der neuen Hochsicherheitsgefängnisse für Terroristen, die bspw. die Kommunikation nach aussen strikt abregeln.

Marshall Curry und Sam Cullman haben die Geschichte der ELF in den USA und die Geschichte von Daniel McGowan in einer Dokumentation versucht zu erzählen. „If A Tree Falls“ wurde für den Oscar 2012 nominiert und auf dem Sundance Film Festival ausgezeichnet. Es ist eine unheimlich intensive und nahe Dokumentation, die beide Seiten dieses Kampfes zu Wort kommen lässt – ELF-Mitglieder, Staatsanwälte und Polizisten, Geschädigte. Es sind unheimlich intensive 80 Minuten, die man in dieser Doku durchlebt. Ich bin weit weg von einem Umweltschützer, aber ich respektiere deren Engagement. Nichts ist mir fremder als Terrorismus – aber für die Form des Terrorismus der ELF habe ich nach diesem Film fast Verständnis. Die Frage für mich ist, ob es eine Rechtfertigung für diesen Öko-Terrorismus gibt – den es geht nicht um ideologische Ziele, es geht um ein realistische. Das realistischste und einzig zählenswerte: Die Erde.

In der Mediathek des ZDF kann man die Dokumentation noch einige Tage schauen. Nutzt die Chance – ich würde eure Gedanken zum Thema gern hören!

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