Seit dem 1. Februar 1982 bringt David Letterman einen nicht unerheblichen Teil der US-Amerikaner ins Bett. Er erzählt ihnen, was am Tag geschah, macht noch einige Späße, spricht mit einem Star über den neusten Film, das aktuellste Buch oder die frische CD. Der Sandmann und Letterman, für viele die gleiche Person – in jedem positiven Sinne.
David Letterman ist der dienstälteste Late-Talker der USA. War es.
Zum ersten Mal richtig mitbekomme habe ich Letterman im Jahr 1994. Irgendwo in den Tiefen des Astra Satelliten-Programms lief dort – Nachts, gegen 1 Uhr – eine Show namens „Late Night with David Letterman“. Ich war damals gerade einmal 14, verstand wenig und fand es trotzdem toll. Zu dem Zeitpunkt lag der große Late Show-Krieg zwischen Letterman und Jay Leno bereits ein Jahr zurück – von dem sollte ich auch erst ein Jahrzehnt später erstmals lesen.
Wenige Monate später, im Dezember 1995, startete Harald Schmidt im deutschen Fernsehen mit seiner Late Night-Show. Und das, was Schmidt da aufführte kam mir unheimlich bekannt vor. Bühnenbild, Besetzung und selbst Gestik und Mimik – hier diente Letterman als Blaupause, und man gab sich nicht mal Mühe, es zu verheimlichen. Machte auch nichts, denn Schmidt fing mich, auch weil ich von seinen Gags aufgrund der Sprache viel mehr verstand …
Schmidts Late Night ist in den letzten 20 Jahren ein halbes Dutzend mal eingestellt worden, hat gefühlt ebenso oft den Sender gewechselt und starb am Ende in der totalen Nische eines verschlüsselten Senders. Letterman aber blieb. Die ganze Zeit.
Doch alles hat einmal ein Ende – auch, wenn man eine Legende ist. Und so trat Letterman am 20. Mai mit 68 Jahren in den Ruhestand. Nach 33 Jahren und 6028 Sendungen – „an den meisten war ich sogar beteiligt“, zwinkert der Grandseigneurs der Late Night seine finalen Worten in die Kamera. Eine Anspielung darauf, dass er nach einem Herzinfarkt im Jahr 2000 und dank einer Gürtelrose 2003 kurze Auszeiten nehmen musste …
In der letzten Show blickte Letterman nun noch einmal zurück. Ließ sich mit Rückblenden ebenso verabschieden, wie von den letzten vier US-Präsidenten. Bush Senior und Junior, Bill Clinton und Barack Obama verkündeten das „Ende des langen, nationalen Alptraums„.
Und dann waren da noch die Kollegen.
Letterman Karriere begannen auf den Brettern der Stand-up Comedy-Clubs. Da ist es nur stilecht, wenn ihn 9 der bekanntesten Comedians der USA – und Football-Star Peyton Manning – auf dieser Bühne verabschieden. Und so zählen sie in der letzten der berühmten Top Ten-Listen die Dinge auf, die sie dem Talkmaster schon immer mal sagen wollten.
Alex Baldwin, Barbara Walters, Steve Martin, Jim Carrey, Tina Fey, Jerry Seinfeld und Bill Murray. So verabschiedet sich Chris Rock mit dem Dank, dass der Nachfolger „wieder ein weißer Showmaster“ sei. Und Julia Louis Dreyfus, die vor 20 Jahren als Elaine in Seinfeld spielte, bedankt sich bei Letterman – dafür, dass sie „schon wieder in einer unbefriedigenden End-Folge [einer Serie] mitspielen muss“. Damit gibt sie dem hinter ihr stehenden Seinfeld einen direkten Seitenhieb, denn das Ende der beliebten Comedy-Serie damals sorgte für viele Kontroversen unter den Fans.
Aber seht selbst!
Gute Nacht, Dave – und Danke, für all die Nächte!
… oh, und finde nur ich es höchst spannend, wenn Jerry Seinfeld und Bill Murray nebeneinander stehen und einem bewusst wird: Seinfeld und Murray trennen real nur drei Jahre, aber während Seinfeld jünger als 61 aussieht, schaut Murray auch älter als 64 aus. Da scheint es ein Disonanzfeld zu geben 😉
Der – wie Chris Rock richtig betonte, weiße – Nachfolger von Letterman übrigens wird Stephen Colbert, der den Sendeplatz mit einer neuen Show erbt. Und ich stelle mich derweil schon mal darauf ein, dass der deutsche „Nachtfalke“ Jürgen Domian nächstes Jahr auch seinen Hut nimmt. Was macht man dann als Schlaftyp Eule eigentlich?