Wenn ein Unternehmen in Deutschland 93 Jahre alt wird, dann gibt es aus der Unternehmensgeschichte viel zu berichten. Auf und Ab – Misserfolge wie Triumphe gleichermaßen. Am Ende sind es wohl mehr gute als schlechte Nachrichten, schließlich überlebt man keine 93 Jahre, wenn man darbt.
Feintechnik im fränkischen Teil Thüringens ist solch ein Unternehmen. Eines, das durch viele Hochs und Tiefs ging. Eines, das nach dem ersten Weltkrieg gegründet wurde, den Zweiten Weltkrieg und die Verstaatlichung in der DDR überstand und heute als eines der letzten unabhängigen Werke ein sonst teures Gut fertigt: Rasierklingen.
Auf einem Weltmarkt, der vor allem von Gillette und Wilkinson-Sword dominiert wird, hat Feintechnik sich als Lieferant kleinerer Unternehmen einen Namen gemacht.
Und jetzt gehört das Traditionsunternehmen einem gerade einmal 10 Monate alten US-Amerikanischen Start Up!
Feintechnik aus dem thüringischen Kaff Eisfeld hat es mit der Übernahme gar in die New York Times geschafft.
Für 100 Millionen US-Dollar hat das Start Up sich das Werk vollumfänglich gesichert.
Der Käufer: Harry’s.
Das US-Unternehmen ist ziemlich frisch und hat einen großen Plan. Man will die beiden Marktführer kitzeln, herausfordern. Durch den monopolartigen Markt können Gillette und Wilkinson die Markt-Preise für Rasierklingen nach oben ziehen. Harry’s will mit qualitativ gleichewertigen, günstigen Klingen für Furore sorgen.
Dafür hatte man sich bereits vor Monaten die Klingen aus Eisfeld gesichert und zog mit dem Prädikat ‚Made in Germany‘ ins Feld. Nun hat sich Harry’s die Firma selbst gesichert.
Der Grund liegt vor allem daran, dass man sich das Know-How von Feintechnik sichern will. Mit dem 100 Millionen Dollar-Deal, der dank einer Investoren-Runde abgeschlossen werden konnte, sichert man sich Fertigung und Entwicklung des deutschen Werkes. Hat somit die Kontrolle über die gesamte Entstehungskette.
Kein alltäglicher Deal, und für Harry’s – wie die Firma selbst auch betont – durchaus ein Risiko. Vorteil allerdings: weil Feintechnik selbst profitabel ist, ist es das US Start Up durch die Übernahme zumindest in den Büchern auch.
Noch versendet Harry’s nur in den USA. Doch das könnte sich nach dem Deal jetzt rasch ändern. Das Team um die Firmengründer Andy Katz-Mayfield und Jeff Raider will rasant expandieren.
Und mit Versandhandel kennen sich Katz-Mayfield und Raider aus. Sie haben bereits den Brillenversand Warby Parker in den USA gegründet.
Harry’s selbst feiert die Übernahme in einem kleinen Website-Special: Our German Factory
Ich mag solche Storys und bin gespannt, wann wir Harry’s als Gegenentwurf zum Dollar Shave Club und Morning Glory in Deutschland antreffen. Mit der eigenen Fabrik im Rücken dürfte Harry’s etwas besser dastehen …
Persönlich übrigens hasse ich wenig mehr, als rasieren – wirkliche Innovation wäre ein Dienst, der mich Nachts rasiert, damit ich tagsüber nichts mehr damit zu tun habe …
Ich sage nur: Bart! 🙂
Nee, der nervt nach gewisser Zeit auch – vor allem die Frauen (Frau und Tochter) hier im Haushalt ;-D