Sieben Tage schwedisches – die gastgebende, vor einigen Jahren dahin ausgewanderte Verwandschaft möge mir den Ausdruck verzeihen – Einöd. Sieben Tage lang Erholung, die nach drei Jahren ohne Urlaub durchaus notwendig waren. Sieben Tage weitesgehend ohne Internet, ohne Job, ohne Stress.
Und, ohne Elche.
Denn obwohl der Elch sowas wie das Wappentier dieses wunderbaren, entspannten, nordischen Landes ist, haben wir nicht einen einzigen gesehen.
Denn obwohl uns von der vor vier Jahren von Deutschland nach Schweden ausgewanderten Verwandschaft immer wieder versichert wurde, dass der Elch hier nicht nur auf Wappen, Karten, Tassen und in Erzählungen, sondern auch in freier Wildbahn vorkommt, haben wir nicht einen einzigen gesehen.
Obwohl, ich lüge. Einen haben wir angeblich wohl gesehen. Es hätte zumindest einer sein können. Vielleicht aber war es auch nur ein stattlich großer Schwede im braunen Kostüm. Denn den einzigen Elch, den wir hier zu Gesicht bekommen haben, war der in einem verwackelten Handy-Video vom Schlage der Dinger, die auch in den USA regelmäßig von Big Foot im Umlauf sind. Das stammte von meiner Schwägerin, die sich am vorletzten Abend mit dem Tochterkind auf Elch-Tour begab und nach drei Stunden mit einer Erfolgsmeldung und jenem Video zurück meldete. Wahrscheinlich hat der schwedische Tourismusverband die Zeit genutzt und dem armen Kind eine ordentliche Gehirnwäsche im nächstgelegenen Tourismusbüro in Svenljunga verpasst. Mich zumindest würde es nicht überraschen, wenn wir in 8 Jahren vom Psychater nach diversen Sitzungen der im Pubertätsstreß befindlichen Tochter entsprechende Hinweise erhielten.
Nein, in Schweden gibt es keine Elche. Wirklich nicht. Nicht in echt. Nicht in überzeugender Bild-Qualität. Alles Lüge, um arglose Touristen nach Schweden zu locken. Denn wieso wöllte man sonst dorthin – Alkohol ist monopolisiert und teuer, Lebensmittel heißen nur anders, kommen aber trotzdem aus Tyskland (Deutschland) und diese Natur ist für den Durchschnittsdeutschen wahrscheinlich viel zu aufregend (schließlich gibt es hier Schlangen und Rehe, die sich weder vor Menschen noch Autos erschrecken). Nein, Schweden hätte es ohne Elche nicht leicht, als Tourismusland. Und so wird, unter Mithilfe von IKEA (Elche auf Vorhängen, Tassen, …), H&M (Shirts mit Elchen) und Star Trading (Weihnachsschmuck mit Elchen) heftigst am schwedischen Elchmythos gestrickt.
Elche übrigens, habe ich tatsächlich schon gesehen. In echt, lebensgroß und äusserst lebendig. Im Wildgehege in Leipzig. Das ist allerdings nicht 1.250 Kilometer, sondern nur 12 Kilometer von meinem Haus entfernt …
Disclaimer: Natürlich gibt es in Schweden Elche. Frau und Tochter haben eigens welche gesehen, ich zumindest habe dampfend frische Elch-Kacke gesehen. Auch so ein touristisches Highlight 😉
Ein wenig habe ich mich in den letzten Tagen auch in dieses nordische Land verliebt – wie in Dänemark sind die Menschen dort vom Schlag, wie ich ihn mag. Einzig die Autobahnen und die dort meist auf 110 km/h beschränkte Geschwindigkeit sind nichts für mich. Bei 160 km/h auf Landstraßen wird übrigens gern schon zur Nagelmatte und zum Hubschrauber-Einsatz gegriffen, wie wir direkt vor der Haustür (50 Meter Luftlinie vom Unfallort entfernt) feststellen durften. Tolles Land, dieses Schweden!